Juni 2022
Ana Leni Frei promoviert in Computational Pathology über Zellinteraktionen bei Enddarmkrebs. Sie hofft, an der Entwicklung von KI-Tools mitzuwirken, die Pathologen dabei helfen können, Veränderungen in der Tumor-Mikroumgebung von Patienten zu verstehen, die eine neoadjuvante Chemoradiotherapie erhalten, und hoffentlich zu verstehen, warum 20 % der Patienten nicht auf die Therapie ansprechen.
Ana, worum geht es in deiner Forschung?
In meinem Projekt wird eine spezielle Methode (zellbasierte Graphen) eingesetzt, um die Tumorumgebung bei Patient:innen mit Enddarmkrebs mit und ohne neoadjuvante Behandlung zu untersuchen. Diese Art von Krebs wird in der Regel in späten Stadien diagnostiziert, und Patient:innen erhalten Chemo-Strahlentherapien, um den Tumor vor der Resektion zu verkleinern und Rückfälle zu verhindern. Aber bis zu 20 % der Patient:innen sprechen auf diese präoperativen Chemo-Strahlentherapien überhaupt nicht an. Gemeinsam mit Pathologen versuchen wir, im Tumorgewebe Hinweise darauf zu finden, warum manche Patient:innen besser auf diese Behandlung ansprechen als andere. Ich betrachte die Mikroumgebung des Tumors als ein Netzwerk interagierender Zellen und versuche auf dieser Grundlage zu verstehen, wie sich der Tumor verhält. Auf diese Weise hoffen wir, Merkmale zu identifizieren, die für die Prognose eines Patienten von Bedeutung sind. Diese neuen Erkenntnisse können dann dazu dienen, gezieltere Therapien zu entwickeln.
Was motiviert dich an deiner Arbeit?
Während meiner Masterarbeit an der EPFL durfte ich auf dem Gebiet der computergestützten Pathologie arbeiten. Mein Projekt war die Anwendung von maschinellem Lernen und zellbasierten Graphen zur automatischen Klassifizierung verschiedener Gewebetypen bei Darmkrebs. Die Arbeit an diesem Projekt hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich habe es besonders geschätzt, zellbasierte Graphen zur Modellierung der Gewebe zu verwenden. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Betrachtung des Gewebes als ein Netzwerk interagierender Zellen sehr aufschlussreich für die Biologie dieses Gewebes ist und zu einem besseren Verständnis der Krankheitsentwicklung, insbesondere bei Krebs, beitragen kann. Deshalb wollte ich in diesem Bereich promovieren. Zufällig suchte Prof. Inti Zlobec am Ende meiner Masterarbeit nach einem Doktoranden, der sich mit genau diesen Themen befasst. Ich habe mich beworben und bekam die Möglichkeit, ihrem Team beizutreten!
Niemand wird einem Algorithmus vertrauen, der eine Behandlung empfiehlt, ohne zu verstehen, warum diese Entscheidung getroffen wird.
Wie kann deine Forschung in die klinische Praxis übertragen werden?
Wir sollten versuchen, die KI so erklärbar wie möglich zu machen und eine gute Interaktion zwischen Informatiker:innen und Kliniker:innen herzustellen, wenn wir diese neuen KI-Tools im klinischen Umfeld einsetzen wollen. KI wird den Arzt oder die Ärztin nicht ersetzen. Sie ist ein Werkzeug für zusätzliche Informationen. Ein kritischer Punkt ist daher die Entwicklung von Techniken zur Erklärung der Ergebnisse unserer Modelle - um zu zeigen, welcher Teil der Eingabedaten für die KI wichtig war, um zu einer bestimmten Schlussfolgerung zu gelangen. Niemand wird einem Algorithmus vertrauen, der eine Behandlung empfiehlt, ohne zu verstehen, warum diese Entscheidung getroffen wird.
Da zellbasierte Graphen die Gewebestruktur abbilden, ermöglichen sie es, die in den ursprünglichen Bildern vorhandenen biologischen Informationen zu erhalten. Aus diesem Grund sind Vorhersagen, die sich aus graphenbasierten Analysen ergeben, für Menschen leichter verständlich und haben einen direkten Bezug zur Biologie.