März 2023
Song Xue ist ein auf Deep Learning spezialisierter Biomedizintechniker, der als Postdoktorand in der Gruppe AI for Translational Theranostics (AITT) der Universitätsklinik für Nuklearmedizin am Inselspital forscht. Durch die Anwendung von künstlicher Intelligenz in der Nuklearmedizin will Song die Strahlenbelastung in der diagnostischen PET-Bildgebung reduzieren und eine personalisierte Dosisprognose für die Radionuklidtherapie ermöglichen. Jetzt wo sich für die Nuklearmedizin neue therapeutische Felder eröffnen, sieht Song seine Forschung an einem spannenden Schnittpunkt von Datenwissenschaft, klinischer Praxis und Industrie.
Song, woran arbeitest du?
Ich befasse mich mit der Dosisoptimierung in der Nuklearmedizin sowohl für die diagnostische Bildgebung als auch für die Radioligandentherapie mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.
Was die Bildgebung betrifft, so ist der am häufigsten verwendete Scanner der PET/CT (Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie). Ich verwende KI für die Rauschunterdrückung oder die Wiederherstellung der Bildqualität bei Niedrigdosisaufnahmen. Ein zweiter Aspekt ist das Erreichen der gleichen Funktion wie ein CT mittels Deep Learning (Abschwächungs- und Streuungskorrektur) für eine CT-freie PET-Bildgebung.
Bei der Radioligandentherapie wiederum zerstören injizierte Tracer-Medikamente in höheren Dosen Tumorzellen. Das Problem ist, dass dafür heute eine Standarddosis verabreicht wird, die für Patienten zu hoch (Schädigung anderer Organe wie der Nieren) oder zu niedrig (kein optimales Ergebnis) sein kann. Da diese Therapieform für Prostatakrebs neu zugelassen ist, haben wir eine Methode zur Vorhersage der Dosis der Radionuklidtherapie auf der Grundlage von Informationen vor der Behandlung entwickelt, die eine präzisere und personalisierte Behandlung ermöglicht.
Wem kommt das zugute?
Mit unserer Forschung wollen wir die Nebenwirkungen für die Patientinnen und Patienten verringern, indem wir die injizierte Dosis so niedrig wie möglich halten und auf diese Weise versuchen, PET etwa auch für die Pädiatrie verfügbar zu machen. Unsere KI-gestützte Bildgebung hat aber auch Vorteile für Spitäler, da sie weniger Zeit für die Bildaufnahme pro Patienten oder Patientin benötigen und somit mehr Patienten mit den gleichen Ressourcen behandeln können.
Unsere künftige Arbeit wird sich auf zwei Aspekte konzentrieren. Zum einen werden wir eine Reihe standardisierter Leitlinien für die Radionuklidtherapie bei Prostatakrebs und ein Softwarepaket für die personalisierte Behandlungsplanung entwickeln. Zum anderen werden wir mit Deep Learning ein Bildgebungssystem für niedrige Dosen entwickeln, das hochpräzise CT-freie PET-Bildgebung ermöglicht. Diese Technologien werden die PET in Szenarien wie Routineuntersuchungen benutzerfreundlicher und praktikabler machen.
Mit Hilfe von Domänenwissen wollen wir die Robustheit und Generalisierbarkeit von KI für die Nuklearmedizin verbessern.
Fühlst du dich als Teil einer grösseren Forschungsgemeinschaft?
Auf jeden Fall! Ich habe bereits an verschiedenen bildgebenden Verfahren sowie an Genomdaten mit Hilfe von KI gearbeitet. Ich verstehe mich also als KI-Entwickler für das Gesundheitswesen im Allgemeinen. Um in diesem Bereich am Ball zu bleiben, haben wir hier in Bern einige Kooperationen gestartet, damit wir uns mit anderen austauschen, die ähnliche Techniken für andere Aufgaben verwenden. Vielleicht entwickelt eine Gruppe einen innovativen Ansatz, den auch wir nutzen könnten. Zudem sehen wir, dass andere bei der Entwicklung von Algorithmen vor ähnlichen Herausforderungen stehen.
Da wir im Medizinbereich arbeiten, ist es sehr nützlich zu verstehen, wie Ärztinnen und Ärzte denken und wie sie ein Problem formulieren würden. Das hilft uns, unsere Forschungsaufgaben besser zu definieren. In der Nuklearmedizin zum Beispiel versuchen wir, das Fachwissen aus der Physik in das Design der KI zu integrieren, um deren Robustheit und Generalisierbarkeit zu verbessern. Wir haben den zusätzlichen Vorteil, dass die Schweiz in der Radionuklid-Prostatakrebstherapie führend ist und somit Daten aus klinischen Versuchen zur Verfügung stehen.
Wie hast du dich für deinen Forschungsbereich entschieden?